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Die krassesten Werbetricks bei der Entgeltumwandlung

Autor: Dirk Feldhinkel

Zuletzt aktualisiert: 17.04.2023

Es gibt mindestens drei hochwirksame psychologische Effekte, die bei der Werbung für Entgeltumwandlungen als selbstbezahlte Betriebsrente erfolgreich eingesetzt werden.

Wenn du die Auswirkungen mit der versteckten Realität dahinter vergleichst, dann wirst du entsetzt sein.

Die Gier auf Bruttovorteile lockt wie ein süßes Zuckertörtchen!
Förderberechnungen für Entgeltumwandlungen wirken wie Zuckertörtchen: Das Gehirn schaltet völlig ab! (Foto: Gratisograhy)
Dirk Feldhinkel mit dir im Gespräch!
Lass uns offen Klartext reden!

Die Lohnabrechnung mit Entgeltumwandlung sieht vermeintlich toll aus:

 

"65 Prozent Zuschüsse zum Nettoeigenbetrag der  Entgeltumwandlung dazu!" Soviel Förderungen und Zuschüsse von Staat und Arbeitgeber bekommen! Wo sollen da noch Werbetricks lauern?

 

- Und schon bist du in voller Länge hereingefallen!!!

 

Wer denkt bei dem Thema Entgeltumwandlung schon an psychologische Effekte wie den Primacy-Effekt oder Halo-Effekt. An die Gier denkt sowieso keiner, besonders dann, wenn sie da ist.

 

Mit genau diesen drei fiesen Werbe-Methoden kann dich jeder Versicherungs- und Finanzkonzern locker in die langfristige Abhängikeit einer Entgeltumwandlung locken. Es sei denn - du liest einfach weiter, um zu erfahren, wie du solchen Manipulationen entgehen kannst.

Der Primacy-Effekt verhindert korrektes Vergleichen!

Irreführende Werbung für die Entgeltumwandlung in einer Betriebsversammlung:

"Wer rechnen kann, der macht das!" 

 

Mit solchen fragwürdigen Aussagen machten Gewerkschafter gemeinsam mit den Versicherungsverkäufer in einer mittelständischen Firma Werbung für Direktversicherungen oder Betriebsrenten aus Pensionskassen

 

Der Grund für eine solche recht "mutige" Aussage bei einer Betriebsversammlung ist lediglich eine  vorgerechnete Lohnabrechnung mit Entgeltumwandlung zur Betriebsrente. Diese sah auf dem ersten Blick so aus, als würden bis zu 65 Prozent aus anderen Quellen nur für das eigene Wohl zufließen.

 

Hier wirkt in typischer Weise der sogenannte "Primacy-Effekt". Nach dieser ersten scheinbar klaren Information eines überwiegend geförderten Beitrages, erscheint die Entgeltumwandlung als konkurrenzlos gewinnbringend in unserem Gehirn abgespeichert. Die Wahrnehmung aller folgenden Informationen verblassen dahinter. Unterbewusst dominiert die erste Wahrnehmung, ohne dass wir das nur ansatzweise merken.

 

Die Wirklichkeit hat es nach diesem Primacy-Effekt sehr schwer. Erst bei Auszahlungen von Direktversicherungen und ähnlichen selbst finanzierten Betriebsrenten stellen viele entsetzt fest, wie fatal diese Empfehlung ist.

 

Wer rechnen kann, ist noch lange nicht klug. Vor allem, wenn die entscheidenden Informationen fehlen. Die Finanzkonzerne genießen sogar rechtlich bei solchen irreführenden Beratungen erhebliche Vorteile. Sie dürfen vereinfachte Berechnungen vorlegen und haben dadurch weit geöffnete Tore für Irreführungen oder schlichtweg falsche Aussagen, ohne belangt zu werden.

Unternehmen, die mit Verbrauchern Geschäfte nach Verbraucherrecht machen, würden sich auf eine solche Weise mit Klagen herumschlagen. Hier drei Beispiele:

 

Warnung!

 

 Diese drei sofort geankerten Irreführungen machen
sogar Betriebsräte und Gewerkschafter blind:

  1. Oftmals werden die Betriebsrenten mit dem Netto-Einzahlungsbetrag verglichen. Das ist  schwerwiegend irreführend, weil die Rentenbezugszeit im Normalfall nur ein Bruchteil der Ansparzeit darstellt. Diesen zeitdynamischen Aspekt können wir bei einer kurzfristigen Aufmerksamkeitsspanne kaum erfassen, wenn wir diese Zahlen nebeneinander lesen.
    Eine skrupellose Manipulation!
  2. Nachgelagerte Einkommensteuern und Abgaben nebst Änderungsrisiken werden nicht mehr vergleichend gerechnet, sondern nur im "Kleingedruckten" versteckt. Dabei werden sie unangemessen heruntergespielt. Diese heruntergespielten Annahmen haben sich jedoch in unzähligen Fällen als schwerwiegender Irrtum erwiesen und viele enttäuschte Betriebsrentner geradezu rasend auf die Palme gebracht. Durch das nachgelgarte Steuer- und Abgabenverfahren sind die vermeintlich hohen Förderungen keine Verlustreserven, wie oft  angenommen wird.
  3. In der Werbung für Rentenversicherungsprodukte aller Art sind Aussagen zu Zinserträgen oder Beispielrechnungen oft unseriös dargestellt oder überhöht prognostiziert. Kosten werden dadurch rechnerisch überdeckt oder ausgelassen. Das ist bei der Entgeltumwandlung nicht anders, besonders wenn sie versicherungsförmig ist. Wer den vorgegebenen Denkschienen unkritisch folgt, ist am Ende nur manipuliert.

Der Halo-Effekt führt zu leichtfertigem Vertrauen!

Du wirst dich fragen:

"Was ist ein Halo-Effekt?" und was hat der mit der Entgeltumwandlung zu tun?

 

Der "Halo-Effekt", übersetzt "Heiligenschein", ist ein Einfluss auf die Wahrnehmung

durch äußerlich sichtbare Eigenschaften,

die für eine Sache oder Person positive Zuschreibungen auslösen.

 

Zu diesem "Heiligenschein" der Entgeltumwandlung kommt es, weil die Einkommenssteuer- und Sozialabgabenerlasse auf die Beiträge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Glauben versetzten, die Produkte seien vom Staat als richtig und gut gewollt und somit geprüft worden. - Sind sie das?

 

Warnung!

 

Staatliche Vergünstigungen 

garantieren niemals einen Erfolg! 

 

Wenn der Staat für soviel Zuschuss sorgt, dann muss es doch gut sein. Ein internes Papier einer Gewerkschafterversammlung zeigte, ein Finanzkonzern seifte  Gewerkschaftsfunktionäre mit vergleichbaren Aussagen regelrecht ein, um Kritiker aus dem Weg zu räumen.

 

Dabei wurde jedoch eine Kleinigkeit vergessen: Die Politiker der vergangenen 30 Jahre waren der Meinung, der Markt regele alles. Das heißt, wenn du diese komplexen Zusammenhänge nicht begreifts, dann bist du nach deren Auffassung selbst daran Schuld, wenn du über den Tisch gezogen wirst. Egal, was "gefördert" sein mag. Am Ende seiest du sogar daran Schuld, wenn der Markt nicht funktioniere.

 

„Die betriebliche Altersvorsorge ist das Beste was es gibt!“, prahlen inzwischen die Organisationen hinter den Anbietern der Entgeltumwandlung. Nun - für die Finanz- und Versicherungskonzerne mag das sehr sicher stimmen. Es ist ein super leichtes und gewaltig gewinnbringendes Geschäft, vor allem, wenn Gewerkschafter sich als kostenfreie Vertreter benutzen lassen. Quasi ein Selbstläufer!

 

Bei Berechnungen unter Beachtung wichtiger Details, zeigt sich, dass die Finanz- und  Versicherungskonzerne weit höher von den Förderungen profitieren, als die adressierten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Doch wer zahlt am Ende die Zeche? Genau diese Berechnungen zeigten, dass der Staat ungeheuer draufzahlt. Das bedeutet, das 2019 erlassene Betriebrentenstärkungsgesetz wirkt sich politisch als ein "Versicherungskonzern-Stärkungsgesetz" aus. Wie mit solchen gerissenen Finanzlöchern ein Rentenproblem gelöst werden soll, ist vermutlich auch dir ziemlich schleierhaft.

  

Warnung!

 

Gewerkschaften mit "eigenen" Versorgungswerken hinter denen Finanz- und Versicherungskonzerne stehen, unterliegen einem schwerwiegenden Interessenkonflikt!

Besonders dann, wenn diese Konzerne Funktionäre

nach ihren Interpretationen schulen.

 

Innerhalb der Gewerkschaften, besonders in den Betrieben, fehlt es offensichtlich an hinreichend qualifiziertem Wissen, um eine wirklich gute Gestaltung für die Arbeitnehmer zu sichern.

Es wäre die vortreffliche Aufgabe der Gewerkschaften gewesen, ihre Kollegen mit einer qualifizierten Orientierung und Beratung im Markt zu begleiten. Stattdessen gaben sie das Vertrauen ihrer Kollegen her, damit Finanzkonzerne im Hintergrund das betriebliche Marktumfeld fest besetzen. Wie war das noch einmal mit dem freien Markt? - Wettbewerb sieht wirklich anders aus.

 

In persönlichen Gesprächen mit führenden Betriebsräten und in Personalabteilungen stieß ich auf die üblichen irrgeleiteten Annahmen, aber kaum auf echtes Fachwissen über das Thema. Die Finanzkonzerne haben hier das Sagen. Leider verlassen sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf, dass Gewerkschaften genau hinschauen und prüfen, für was der Name der Gewerkschaft hergegeben wird. Dieses Vertrauen kreiselt längst hochriskant auf dem Roulette-Tisch.

Die Gier auf Fördergeld greift nach deinem gesunden Verstand!

Beeindruckende seriöse Erscheinung und hypnotischer Blick verleitet dich zur Gier!
Wie uns "Finanzberater" zu gierige Zombies machen!

Diese Emotion ist nur schwer zu bändigen:  - die Gier!

Wenn du glaubts, dass du gerade eine "Förderrendite" von 65 Prozent haben könntest, dann bemerkst du auch, wie zappelig du bei diesem Gedanken werden kannst.  Es beschleicht dich eine große Angst etwas zu verpassen, sich zu ärgern und am Ende vor anderen dumm auszusehen.

Tja - so schnappt die Falle zu!

 

Warnung!

 

Die Entgeltumwandlung im Sinne des § 3 Nr. 63 EStG 
 ist nur bedingt durch die Steuer- und Abgabeerlassen als gefördert zu betrachten!
Es ist ein nachgelagertes Steuer- und Abgabenverfahren,

welches bei Verlusten eine völlige Wirkungslosigkeit  hinterlassen kann.

Es ist keine Verlustreserve!

 

Du wirst ungläubig sagen, dass die Berechnungen von Entgeltumwandlungen doch zeigen, dass ein saftiger Vorteil vorliege. Nun - das ist, wie so oft, nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist die nachgelagerte Belastung mit voller progressiver Einkommensteuer und einigen Abgaben für Sozialbeiträge. Es ist also in diesem Sinne keine Förderung, sondern ein anderes Steuer- und Abgabenverfahren.

 

Die damalige Regierung, welche diese Entgeltumwandlung (§ 3 Nr. 63 EStG) im Jahr 2002 einführte, hatte auf ein nachgelagertes Steuer- und Abgabenverfahren umgestellt. Die Befreiungen von Steuern und Abgaben werden bei Auszahlung der Betriebsrente wieder fällig. Das entsprechende Gesetz für die nachgelagerten Sozialabgaben kam unauffällig nur zwei Jahre später.  

 

Welcher Sinn steht dahinter?

 

Im Grunde hatten die Regierung und die meisten politisch Beteiligten den Glauben, dass die kapitalgedeckte Betriebsrente immer mit guten Renditen versehen seien. Du ahnst schon, wer denen das so erklärt hat? - Richtig - die Versicherungslobby!

 

Mit der Fantasie, alle werden durch den Zinseszinseffekt super reich, könne sich der Staat wie auch der Direktversicherungskunde zurücklehnen und auf den automatischen Geldregen warten. Wer braucht noch eine gesetzliche Rente? Die Versicherungen fanden das besonders gut und schlugen schon mal ordentlich mit ihren Provisions- und Kostenabrechnungen zu. Der Markt wird es wohl bald regeln. - Und "wie" er das geregelt hatte!

 

Es gab nur wenige Jahre später ein klitzekleines Problem: die Auswirkung der Finanzkrise im Jahr 2008.  Dummerweise mussten Versicherungskonzerne wie AIG vor einer Zahlungsunfähigkeit gerettet werden. Es gab eine Kettenreaktion, die in Amerika auch Pensionsfonds komplett vernichtete.  Diese Kettenreaktion schwappte in den europäischen Finanzmarkt hinein. Am Ende folgte daraus die Bankenrettungen mit sogenannter Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank im Euroraum. Seither konnten Versicherungen mangels Zinsen auf dem Finanzmarkt kaum Gewinne machen - also auch keinen Gewinnhebel erzeugen.  Dafür blieben Kosten hängen, was zum elementaren Problem für die laufenden und zukünftigen Verträge wurde. Bevor du dich neuerdings wieder über ein paar Zinsen erfreust, die mitgelieferte saftige Inflation sorgt für eine Wertvernichtung, die sich gewaschen hat.

 

Wie wirkt sich das Ganze jetzt aus?

 

Ohne die Zwangsbeatmung des Staates und der Arbeitgeber nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wäre leicht erkennbar, dass die Entgeltumwandlung ein schwerweigendes Problem darstellt. Doch genau diese Erkenntniss verhinderte die Finanzlobby und der ständige Geldverbrauch auf Kosten des Staates vergrößert das Problem ohne greifbaren Lösungsansatz. Es wäre für jeden leicht einzusehen, dass etwas geschehen muss - ja, wäre da nicht die politische Angst vor dem Wählerverlust - und die Gier auf Fördergeld!

Dirk Feldhinkel

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